Unterwegs im Kaukasus-Gebiet


Armenien

Dieses Mal starte ich meine Reise am Reutlinger Hauptbahnhof. Von hier aus geht es mit dem Zug nach Frankfurt. Tata, die Waggons der Deutsche Bahn sind brechend voll, so darf ich die Zeit auf dem Fußboden sitzend verbringen. Weiter geht es mit dem Flugzeug über Wien nach Jerwan, der Hauptstadt Armeniens. Wenigstens hier klappt alles reibungslos.

 

 Am nächsten Tag erkunde ich Armeniens Hauptstadt plus Umgebung. Jerewan ist eine der ältesten Städte der Welt. Im Herbst dieses Jahres feiert die Stadt ihr 2800-jähriges Bestehen.  Da schlägt mein Geschichtslehrer-Herz höher.

Mein Hotel liegt in der Innenstadt, so kann alles problemlos erreicht werden. Die armenische Architektur haut mich nicht um, einen wirklichen Altstadtkern gibt es leider nicht. Zentral liegt der belebte Platz der Republik, auf dem einst ein Lenin-Denkmal stand. Ringförmig umgeben ihn monumentale Gebäude. Weiter besichtige ich das Mahnmal zur Erinnerung an den Völkermord durch die Türken. Hier verstehe ich, welch eine lange Geschichte das Land hat. Natürlich sieht man mir mal wieder an, dass ich Deutsche bin. So bekomme ich gleich eine Einladung für ein Konzert von Thomas Anders, der zufällig heute sein erstes Konzert in der Stadt gibt. Wieso verfolgt mich überall Modern Talking?

Außerhalb der Stadt steht eine der ältesten, christlichen Kirchen der Welt: die Kathedrale Etchmiadsin. Zu meinem Erstaunen ist sie voller persischer Ornamente - schön. Eingebettet ist die Kathedrale heutzutage in einen großen, geistlichen Komplex - Priesterseminare und Taufen in eigen gebauter Taufkirche finden hier statt, alte Schriftstücke ausgestellt in der dortigen Bibliothek, ...

Beeindruckt hat mich auch der in der Nähe liegende Tempel Zvartos. Der prächtige Sakralbau ist heutiges UNESCO-Weltkulturerbe. Der Berg Ararat ragt über der Stadt empor und ist fast von jedem Punkt aus gut sichtbar. Er ist das Nationalsymbol Armeniens, das seit 1923 jedoch auf türkischem Boden liegt. 

 Zu meiner Überraschung gibt es hier überall im Land selbst destillierten Brandy. Der berühmte, lokale Brandy der Armenier heißt "Ararat" und wurde schon von Stalin nach dem Zweiten Weltkrieg an Churchill weiterverschenkt. Gegen Abend gönne ich mir dann auch ein Schlückchen.

Am zweiten Tag geht es raus aus Jerewan - etwa eine Stunde Busfahrt dauert es zum ehemaligen Kloster Chor Virap. Ein toller Anblick von Weitem: Auf einem kleinen Hügel erblickt man die Klosteranlage, dahinter erhebt sich der schneebedeckte Ararat. Nach der Besichtigung geht es durch das Weingebiet. Hier findet man die ältesten Weinsorten der Welt. Am Ende der Amaghu Schlucht wandere ich zum Kloster Norawank hoch. Abends geht es zurück nach Jerewan. 

Jerewan zu verlassen, fällt mir nicht schwer - die Umgebung ist schön, jedoch der Stadt selbst bin ich nicht verfallen. Zunächst wird ein Stopp beim heidnischen Sonnentempel Garni eingelegt, dann geht es zum Höhlenkloster Geghard. Zunächst sieht das Kloster recht "normal" aus. Erst bei der Besichtigung erkennt man, dass es in einen Fels gebaut wurde und höhlenartige Räume hat. Zurecht gehört es zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wieder schmeckt mir mein Mittagessen heute fantastisch. Zu dem hierzulande typischen Fladenbrot "Lavash" werden Kräuter, mehrere Käsesorten, Hülsenfrüchte, Salate und andere Köstlichkeiten gereicht. Es erinnert mich an die Mezze, also kleine, verschiedene Gerichte, wie ich es aus dem arabischen Raum kenne.

Die Armenier schwärmen so von der Gegend um den Sevan-See. Eine Armenierin meinte, der See sei mit unserem Bodensee zu vergleichen. Leider bin ich enttäuscht. Vielleicht liegt es aber auch am windigen Wetter oder daran, dass die Saison noch nicht begonnen hat und somit eher tote Hose hier herrscht. Auch hier gibt es ein Kloster, das auf einer Halbinsel gelegene Sevanavank-Kloster, jedoch bin ich unmotiviert - so viele Klöster auf einmal. Morgen schon reise ich weiter nach Georgien. Ich bin gespannt, denn schon im 13. Jahrhundert pries Marco Polo Georgien an.

Georgien

Heute ist ein regnerischer Tag, da ich jedoch länger im Bus sitzen werde, ist dies nicht so schlimm. An der armenisch-georgischen Grenze bin ich überrascht. Noch nie habe ich so wenige Menschen an einem Grenzübergang gesehen. Da ist ja nichts los! Die langweilen sich hier wahrscheinlich den ganzen Tag, da komm ich ja gerade recht. Ohne weitere Probleme läuft es hier ab und jeder packt seine Deutschkenntnisse aus - sogar "Oh, Tannenbaum" wird mir vorgesungen :)

Unweit der Grenze liegt die Höhlenstadt Wardsia. Im 12. Jahrhundert wurden diese 3.000 Höhlenwohnungen errichtet, die über 50.000 Menschen ein Zufluchtsort boten.  Bis zur Höhlenkirche mit ihren wundervollen Malereien wandere ich hinauf. Jedoch die Beschreibung wie man am besten durch die labyrinthartigen Höhlenräume wandert, schreckte mich ab: dunkel, eng, stufig und dann noch der Regen. Nope, vielleicht ein anderes Mal. Die erste Nacht in Georgien verbringe ich in Achalziche. Als der Regen endlich nachlässt, raffe ich mich nochmals auf, um die Rabat-Festung, ein Adelspalast aus dem 13. Jahrhundert zu besichtigen. Merkwürdiger Mix: Hier vermischen sich christlich-römische sowie -orthodoxe, orientalische und maurische Elemente.

Der Regen wird weniger, dafür kommt extremer Wind hinzu. Zunächst geht es nach Gori, wo zuerst die Höhlenstadt Uplisziche besichtigt wird. Der Wind erschwert das Ganze, denn über die Anlage mit den bizarren Felsformationen muss geklettert werden. Die begehbaren Grotten und der Ausblick über das Tag belohnen das Ganze. Zurück in Goris Innenstadt führt der Weg zu Josef Stalins Geburtshaus. Hui, hier ist was los. Erschreckend wie manche Stalin bis heute verehren. Die haben wohl im Geschichtsunterricht nicht gut aufgepasst. Nichts wie weiter auf der Seidenstraße über auf die Heerstraße. Steil bergauf geht es zu den Gipfeln des Kaukasus. Auf 2.395 erreicht man den Kreuzpass. Es beginnt zu schneien und Schneemassen rechts und links der Straße türmen sich auf. Mein Ziel ist das Bergdorf Stepanzminda. Nicht ganz leicht dorthin zu kommen, umso glücklicher bin ich, als es geschafft ist. Mein gebuchtes Hotel "Room" ist nur weiterzuempfehlen. Es befindet  sich auf einer kleinen Anhöhe, somit hat man einen gigantisches Rundumblick. Zudem ist es modern mit riesen Glasfronten erbaut. Hier könnte ich länger bleiben ...

Am nächsten Morgen hat man einen schönen Blick auf die 2.100 Meter hoch gelegene Gereti-Dreifaltigkeitskirche inmitten einer unglaublichen Bergwelt. Leider gibt der Nebel die Sicht auf den 5.047 Meter hohen Gipfel des Kazbek, dem höchsten Berg, nicht frei. Dennoch ist der Anblick atemberaubend, die Luft klarer denn je und das Frühstück hier zum niederknien. Kann ein Tag schöner beginnen?

Auf dem Weg in die Hauptstadt kommt man an der Wehrkirche Ananuri sowie an dem Städtchen Mzcheta vobei. Mzcheta war einst die Hauptstadt Georgiens. Zwei Kirchen, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören, befinden sich hier. Zum einen die Swetizchoveli-Kathedrale aus dem 11. Jahrhundert, zum anderen die Dschari-Kirche aus dem 6. Jahrhundert. Von Letzterer hat man einen tollen Ausblick ins Tal. Abends komme ich müde in der Hauptstadt an. Vom Platz der Freiheit, wo die Busse halten, sind es wenige Minuten zu Fuß zu meinem kleinen Hotel in der Altstadt. Jedoch ist an Schlaf nicht zu denken, denn hier in meiner Unterkunft kamen sie auf die Idee, den neuen Fahrstuhl nachts einzubauen. Irgendwann um 2.00 Uhr ist dann aber doch Ruhe. Den nächste Tag verbringe ich damit, die Hauptstadt Tiflis besser kennen zu lernen. Die Stadt gefällt mir viel besser als Jerewan. Es gibt schöne Altstadthäuser (bunt, schief, manche gefährlich auf den Felsen gebaut) sowie das Bäderviertel mit seinen Schwefelbädern entlang des Flusses Mtkwari mit netten Restaurants und Cafés. Die Altstadt ist wohl auch die beliebteste Fotokulisse. Einzig allein stört eine futuristische Villa eines Oligarchen, welche auch der Grund ist, dass die Altstadt nicht als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt wurde. Es lohnt sich allemal durch die Gassen zu schlendern. Leider wird hierbei auch deutlich, dass immer auch noch leise der Verfall lauert - bröckelnde Fassaden und marode Straßen. Jedoch rund um die Aghmashenebeli Avenue haben sich vor Jahren auch Deutsche angesiedelt - diese Gegend ist herausgeputzt, hell, freundlich und modern. Hier findet man hippe Cafés mit bunten Stühlen und ausgefallenem Design. So ist die Hauptstadt ein Wechselbad zwischen neu und alt, hip und traditionell, arm und reich.

Von Kirchen habe ich ehrlich gesagt gerade genug. Jedoch stürmen die Georgier heute geradezu in den Gottesdienst. Für mich ist heute Ostern, für die Einheimischen Palmsonntag; Ostern feiern sie erst eine Woche später. Geht man durch die Stadt, denkt man, dass man überall Wachskerzen kaufen kann, so jedenfalls sieht es aus. Jedoch sind es Tschurtschchela,  also Nüsse auf einen Faden gefädelt und mit einer geleeartigen  Masse (Traubenzuckersirup) überzogen sind. Eine weitere Spezialität ist das "Chatschapuri". Das mit Käse gefüllte Blätterteiggebäck ist an jeder Ecke frisch erhältlich und kostet nur ein paar Cents. Die Georgier loben ihre Küche in den höchsten Tönen. Auch über mein Abendessen in einem kleinen Restaurant der Altstadt kann ich mich nicht beschweren.

Früh morgens verlasse ich die georgische Hauptstadt. Weiter geht es nach Kachetien. Heute ist es sonnig und dazu ist die Region noch traumhaft schön. Ein perfektes Wetter um herumzuschlendern mit stetigem Blick auf die Berge des Großen Kaukasus. Überall gibt es hier uralte Weinkeller und ich bekomme reichlich Rot- und Weißwein zu probieren. Mittags wandere ich dann beschwipst durch die Gegend. Vorbei geht es an der beeindruckenden Alaverdi-Kathedrale und der Gremi-Burganlage.

Am letzten Tag in Georgien geht es auf einen typischen Bauernmarkt. Die, die mich kennen, wissen, dass ich ein Fan von frisch, saisonal und regional bin. Und das wird hier geboten. Leider gibt es nach dem Kauf der guten Waren die von mir so gehassten Plastiktüten - ja, hier findet man sie noch. Ebenso die vielen Plastikflaschen :(

Weiter geht es zum Fürstenhaus Zinandali. Was für ein schönes Anwesen, geschmackvoll eingerichtet. Hier würde es mir auch gefallen. Zum letzten mal georgisches Mittagessen. - Es gibt es Krautrouladen, wie lecker und diese kommen sogar an Omis Rezept ran :) Dann heißt es Abschied nehmen ...

Aserbaidschan

Dieser Grenzübergang war nicht ganz so entspannt wie der vorherige. In meinem Visum stand mein Nachname mit einem "a" anstelle dem "ae", welches den Umlaut "ä" wiedergibt. Mea culpa!  - ich hätte einfach besser darauf achten müssen. Während die Grenzbeamten mit einer höheren Stelle telefonieren, unterhalte ich mich mit einem Zöllner. Er verrät mir, dass er ein riesen Rammstein-Fan ist und selbst in einer Band am Schlagzeug spielt. Auf Reisen immer dasselbe: Was wissen andere von/über Deutschland: Oli Kahn, Bayern München und Fußball im Allgemeinen, leider mit Beigeschmack Hitler und die Nazis, musikalisch eben Rammstein oder Modern Talking. Schon verrückt! Zum Glück erhalte ich dann nach einigen Minuten einen Stempel und kann einreisen. Aserbaidschan begrüßt mich leider mit schlechtem Wetter. Für die erste Nacht geht es nach Sheki.

Am nächsten Morgen sieht das Wetter nicht besser aus, im Gegenteil. Mittlerweile hat es sich so richtig eingeregnet und bitter kalt ist es obendrein. Der Stadtrundgang durch Sheki mit dem Khanpalast und seinen bunten Glasfenster sowie die Karawanserei aus dem 18. Jahrhundert kann mich heute nicht richtig begeistern. Was ist denn los? Ich glaube, das schlechte Wetter überträgt sich auf mein Gemüt. Auch die Fahrt nach Baku finde ich mühselig. Einzig allein die Juma-Moschee in Shamakhi und die heiße Dusche abends stimmen mich glücklich. Morgen bekommt die Hauptstadt eine neue Chance ...

 

Aserbaidschan wurde reich durch sein Erdöl- und Erdgasvorkommen. Ähnlich wie in Dubai schießen die hohen, modernen Gebäude aus dem Boden. Jedoch hat die Hauptstadt Baku eine alte Geschichte. Die mittelalterliche Altstadt, umgeben von einer Stadtmauer, ist gut erhalten und gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Man kann gemütlich durch kleine Gassen schlendern und die alte Karawanserei oder den Palast des Schahs von Schirvan besichtigen. Rund um die Altstadt wird gerade alles für das baldige Formel 1- Rennen vorbereitet.

Zurück im modernen Baku hat man vom Märtyrer-Friedhof einen guten Ausblick auf die Stadt und das Kaspische Meer. In dem weißen, riesigen futuristischen Gebäude, welches nicht übersehen werden kann, befindet sich das Kulturzentrum Heydar Aliyev.  Auch die drei Flacktürme sind nicht zu übersehen und dienen als Wahrzeichen der Stadt.

Unweit von Baku kann man ein Naturschauspiel beobachten: Yanar Da, der brennende Berg wie die Einheimischen sagen. Zu sehen ist ein natürliches, ständig brennendes Erdgasfeuer am Berg. Jedoch ist es weniger spektakulär. Viel spannender ist dagegen Gobustan. Zunächst geht es zum 2011 errichteten Museum, das den Besucher über die Steinzeit sowie die Felszeichnungen informiert. Daraufhin sieht man sich das Ganze "live" an. Zudem hat man einen schönen Rundumblick. Auf dem Weg nach Gobustan befinden sich kleine blubbernde Schlammvulkane. Wer jedoch schon im Yellowston Nationalpark, in Neuseeland oder auf Island war, wird hier nicht ausrasten vor Begeisterung. Dennoch war es ein schöner, letzter Tag im Kaukasus mit Sonnenschein und Natur. ...