Von New York zurück genieße ich zwei sonnige Tage in San Francisco. Ich liebe das Adelaide-Hostel, jedoch ist es ganz schön teuer für einen längeren Aufenthalt. So genieße ich noch die kostenlose Angebote wie Filmabend mit Popcorn und Chili con Carne Kochabend, wasche meine Wäsche, kuschel mich auf einem von vielen superbequemen Sofas ein und surfe ein bisschen im Internet. Gute Musik im Hintergrund, nette Leute, prima Atmosphäre. Von dem Frühstück ganz zu schweigen - ziemlich untypisch für die USA, aber hier ist es inklusive und es gibt eine herrliche Auswahl - von Porridge, über frischem Obst zu Brot und Beagle, sogar Nutella haben sie hier. Frisch gestärt, heißt es Abschied nehmen. Es geht los zu einer viertägigen Tour Richtung Süden.
Lange habe ich überlegt, ob ich mir ein Auto mieten sollte und die Orte auf eigene Faust erkunden soll, dann entscheide ich mich aber doch für eine Gruppenreise mit dem Bus - war das eine gute Idee? Am Dienstag, 24.02. ging es um 7.30 Uhr los. Die erste Überraschung - ein riesen Bus - 50 Chinesen! Das kann ja lustig werden. Zum Glück ist eine weitere Deutsche dabei - Constanze, die in Salzburg studiert und gerade auf USA-Urlaub ist. Weiter sind drei Argentinier dabei. Alle vier sind mir auf Anhieb super sympathisch - zum Glück! So geht es mit 55 Leuten an Bord los! Zum Mittagessen gibt es, wie in den folgenden Tagen auch, chinesisches Buffet. Meine Glückskeksbotschaft ist sonderbar: "Be calm when confronting an emergency crisis." (Verhalte dich ruhig in einer Notfallsituation). Dies Notfallsituation wird bald eintreten, nur weiß ich davon noch nichts. Nach vielen Stunden erreichen wir Nevada, unsere erste Übernachtungs-Haltestelle. Das Hotel ist riesig - mit Spielhalle in der ersten Etage und Achterbahn ums Hotel herum. Genau das ist es, warum ich eigentlich nicht in die USA wollte. Dieses Überdimensionale, immer-noch-mehr - wie schrecklich...
Am nächsten Tag geht es früh morgens weiter ins Death Valley. Die Landschaft ist beeindruckend, jedoch entpuppt sich diese Reise als Hop-on, Hop-off - Reise. Genau wie man sich eine Tour mit
Asiaten vorstellt - alles im Schnelldurchgang. Schon am zweiten Tag bin ich genervt. Gegen Abend erreichen wir Las Vegas. Ach du liebe Güte, es übertrifft all meine Vorstellungen. Diese Stadt ist
verrückt. Zwei Nächte sind wir im "Flamingo" untergebracht - es ist kein Hotel, sondern eine kleine Stadt für sich. Mein Zimmer und vor allem mein Bett ist mega-groß. Auch wenn mich die Stadt
nicht in ihren Bahn zieht, Las Vegas bei Nacht muss sein. Und ins Staunen komme ich dann doch...


Der dritte Tage soll mein Highlight-Tag werden. Es geht zum Grand Canyon. Man konnte wählen, ob man den South- oder den West-Rim besichtigt. Lange überlegte ich... In westlicher Richtung wäre der
Skywalk. Seit 2007 bietet der Skywalk Besuchern die Möglichkeit, auf einer stählernen Brücke in Form eines Hufeisens mit gläsernem Boden und gläsernen Geländern in schwindelerregender Höhe
von 1200 m über dem Abgrund des Grand Canyons zu schweben. Jedoch darf man dort keine Fotokamera mitnehmen und die Bilder vom South Rim begeistern mich - so ist die Entscheidung getroffen! Damit
bin ich aber allein unter Chinesen! Ich werde in einen anderen Bus mit anderem Reiseführer gesteckt. Alles wird auf chinesisch erklärt - hm, ok! Obwohl der Reiseführer nur gebrochenes Englisch
spricht, bringt er seine Begeisterung für Deutschland zum Ausdruck. Dann holt er die New-York-Times heraus und verweist auf einen Artikel: "Tipps, wie wir unsere Kinder nach deutschem Vorbild
erziehen können" - Oh, interessant. Wir fahren am Hoover Dam vorbei und nach langer Fahrt sind wir da und der Grand Canyon erscheint in seiner vollen Pracht vor mir. Wow! Schade, dass
ich das hier alles im Schnelldurchlauf erlebe. Wie gerne würde ich hier länger verweilen und wandern gehen. Doch dann geht es schon weiter, ins Grand-Canyon-Visitor-Center. Dort haben wir Zeit
zum Essen und uns einen IMAX-Film von National Geographic anzusehen. Zweimal frage ich den Guide, da er ja sonst alles auf chinesisch erklärt, wie viel Zeit wir hier verbringen? Zwei
Mal antwortet er: "Zwei Stunden hast du Zeit", jedoch waren nach zwei Stunden alle spurlos verschwunden. Die haben mich tatsächlich vergessen! Ich habe kein Handy! Wie hieß es in der
Glückskeksbotschaft noch gleich? - Ruhig bleiben in einer Notfallsituation! Ich bin so schockiert und wende mich an die Besucherinformation. Die Dame ist genauso empört wie ich. Sie geht die
Möglichkeiten durch wie ich zurück nach Vegas kommen kann und bietet mir einen Helikopter-Flug für 250 Dollar an. Kurz überlege ich, wer das bezahlen muss? Es wäre verführerisch zu fliegen und
der Reisegesellschaft die Kosten zu überlassen, jedoch bedeutet das sicherlich wieder ewiger Bürokratiekram... So äußere ich, dass ich das Geld nicht hätte. Und in diesem Moment fällt mir ein:
"Scheiße, mein Rucksack inklusive Reisepass liegt im Chinesen-Bus." Der Tag hätte so schön werden können! Die freundliche Dame telefoniert wie verrückt umher und dann lächelt sie mich an -
in einem Reisebus, der in zwei Stunden vorbeikommt, hätte es einen freien Platz. Dort könnte ich umsonst mitfahren. Gerettet! Doch immer noch bin ich stinksauer. Die Angestellten im
Visitor-Center haben alle Mitleid und versorgen mich mit Kaffee und Cookies. Jeder verweilt ein bisschen und hält ein Pläuschchen. Spät abends bin ich zurück in Vegas. Eigentlich könnte ich ins
Bett fallen, aber ich muss mich auf die Suche nach meinem Rucksack begeben. Mein eigentlicher Reiseführer ist in Panik seit dem er merkte, dass ich nicht in dem Bus saß. Constanze hat
inzwischen die Polizei benachrichtigt und die wiederum haben herausgefunden, dass ich nun in einem anderen Reisebus sitze und in Sicherheit bin. Oh mein Gott! Ich treffe auf den chinesischen
Guide und muss mich beherrschen, ihn nicht anzubrüllen und vor allem nicht in Tränen auszubrechen. Aber die Blöße gebe ich mir nicht! Seine Begründung: "Nach einer Stunde und 45 Minuten saßen
alle im Bus, ich dachte auch du!" NEIN, ich saß nicht im Bus. Mit unschuldiger Miene überreicht er mit immerhin meinen Rucksack. Ich kann nur den Kopf schütteln. Was für ein Tag!




Am vierten Tag geht es zurück nach San Francisco. Warum denke ich in diesen vier Tagen so oft an das Buch "Resturlaub" von Tommy Jaud? Eigentlich liebe ich Asien und die Asiaten,
aber mit ihnen zu reisen ist Stress pur für mich. Sie schlürfen, schmatzen und rülpsen beim Essen, sie drücken und schupsen, wenn es um das Ein- und Aussteigen geht. Ich bin glaub zu zart
besaitet... Schlimmer geht nimmer, oh doch, mein neues günstigeres Hostel in San Francisco liegt in einer dunklen Ecke und ist alles andere als gemütlich. Als sich dann ein Asiate mit seiner
Nudelsuppe mir gegenüber setzt, könnte ich ihn anschreien oder auf ihn einschlagen. Meine Güte, so aggressiv kenne ich mich gar nicht! Er schaut mich verblüfft an, als eine Tränen nach der
anderen über meine Wange kullert. Ich flüchte, lege mich bereits um 20.00 Uhr ins Bett und ziehe die Decke über meinen Kopf! Morgen sieht alles besser aus (hoffentlich)!
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Mila (Dienstag, 03 März 2015 13:28)
Oh, je.... da hast ja mal was erlebt... irgendwie ist das aber typisch... ;-)
Ganz ehrlich, als ich das gelesen habe, musste ich lachen. Genau diese Dinge machen eine Reise zu etwas besonderem. Den Teil deiner Reise wirst du sicherlich nie vergessen :-). Und schon bald kannst du auch darüber lachen!!!