Time to say goodby ...

Mit dem Bus bin ich von Pucon nach Santiago de Chile gefahren. Puh, zwölf Stunden sitzen. Chaotisch und unorganisiert komme ich hier an. Mein Gepäck ist zu schwer, wieder einmal habe ich ein paar Dinge verloren oder irgendwo liegen lassen - unter anderem mein heißgeliebtes Reisenotizbüchlein. So stehe ich am Hauptbahnhof und weiß weder wie mein Hostel heißt, geschweige denn in welcher Gegend es sich befindet. Nach langem Suchen finde ich endlich ein Internetcafé, so lässt sich das ganze herausfinden. Gerade ist dies erledigt, fällt mir ein, dass ich unbedingt Geld abheben muss, sonst kann ich mir kein Taxi leisten. Hört sich einfach an, ist es aber nicht. Denn jegliche Geldautomaten sind außer Betrieb. Warum gewöhne ich mich nicht langsam daran, dass in Südamerika nie etwas nach Plan läuft. Gerade geht mir das ganz schön auf die Nerven. Nach anderthalb Stunden sitze ich dann endlich im Taxi. Das Hostel erweist sich als Glückstreffer, zudem sind die Leute dort sehr nett. Es wird meine Organisationsstation für die nächsten drei Tage. Mit einer Schweizerin freunde ich mich an, wir führen interessante Gespräche über Fotografie und das Reisen. Wir nutzen die Küche für ein gemeinsames Kochgelage. Genau was ich jetzt brauche! Es ist immer wieder schön, Menschen zu treffen, die einen inspirieren. Wieder frisch geordnet verbringe ich zwei Tage in Valparaiso. Ich entscheide mich gegen eine Free-Walking-Tour und schlendere allein durch die Gassen. Zum Charme der Stadt gehören die chaotischen Cerros (Hügel), steile, verwinkelte Straßen und Treppen. Diese Stadt ist so kunterbunt. Das Leben hier lacht einen von den Wänden her an. An jeder Ecke findet man ein noch schöneres Graffiti. Zurück in Santiago bereite ich mich auf meinen Südamerika-Abschied vor... 


Sechs Monate gingen so rasend schnell vorbei ... sechs traumhafte Monate in Südamerika ... ach, wie werde ich es vermissen - das Wetter, die Naturgewalten, die Menschen! Was ich hier erlebt habe, wird mir immer bleiben! Mitnehmen werde ich hoffentlich eine gewisse Gelassenheit gegenüber dem Leben, eine "Das-Süße-Leben"- Einstellung! Es kommt wie es kommt ... Vermissen werde ich vieles: Die beeindruckende Natur und die Outdoormöglichkeiten (vor allem in Patagonien), das Wandern, das ewige Eis, die Pinguine  auf Feuerland, die Seehunde auf den Galapagos-Inseln, die Flamingos in Bolivien,  das "Sich-treiben-lassen" und Herumschlendern in Buenos Aires und Valparaiso, die Tango- und Salsamusik, der Strand in Uruguay und Mancora, das südamerikanische Temperament, das Kunterbunt, das einen von den Hausfassaden anlacht, der Sound der spanischen Sprache, die Herzlichkeit, die mir immer wieder entgegengebracht wurde.  Vom Essen mal ganz abgesehen: Ein auf den Punkt gebratenes Rinderhüftsteak in Salta, grandioses Eis in Buenos Aires,  den hervorragenden Wein und die besten Empanadas in Chile, Ceviche in Peru, Pisco Sour, den es irgendwie überall in Südamerika gibt, die vielen Jugos und Batidas, selbstgemachte Schokolade in Ecuador, ach und so vieles mehr. So viele Begegnungen mit Menschen, die diese Reise für mich so einzigartig machen - gemeinsames Erleben, Lachen und Staunen, die vielen Gespräche über "Gott und die Welt" und plötzlich werden Fremde zu Freunden. Das Reisen verändert mich, lässt mich über bisherige Gewohnheiten reflektieren, verändert meine Einstellung zum Leben. Klar höre ich immer noch die Skeptiker, die mich fragen: "Was wird, wenn du zurück bist - kriegst du die Kurve und findest in den Alltag zurück?" - aber daran will ich gerade nicht denken, es ist noch nicht Zeit, nach Hause zu kommen. Die Momente der Unsicherheit bergen oft die größten Chancen. Nun tausche ich Naturgewalten gegen Großstadtdschungel ...

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