Atem(be)raubend

Nach dem Aufstehen entdecke ich auf dem Fußboden eine Nachricht von Georgia. Sie möchte mich motivieren für die bevorstehenden vier Tage - "There is no elevator to success, you have to take the stairs." ("Es gibt keinen Aufzug zum Erfolg, du musst die Treppen nehmen.") Oh, wie nett - ich bin bereit! Um exakt 8.00 Uhr holt uns der Bus von unserem Hotel in Ollautaytambo ab. Es geht zum Kilometer 82, dem Einstieg des Inka-Trails. Gemeinsam mit elf anderen werde ich vier Tage auf dem berüchtig-historischen Pfad der Inkas wandern. Die anderen Leute in der Gruppe sind nett, das verspricht viel Spaß. Dennoch bin ich ganz schön nervös. Was kommt da auf mich zu? Mein Schlafsack, die Iso-Matte, sowie 2,5 Kilogramm Gepäck gebe ich ab. Dies wird für mich getragen - ein komisches Gefühl! Andererseits, meine Kamera, Wasserflasche, Energieriegel sowie Regenjacke sind schon schwer genug. Es geht los, ich bekomme die Wanderstöcke in die Hand gedrückt und der erste Stempel landet in meinem Reisepass! Der erste Tag lässt sich gut bewältigen. Es sind zirka 12 Kilometer zu meistern und dazu werden viele Pausen gemacht. Der Service ist unglaublich - das Essen schmeckt göttlich; kommt man im Camp an, sind die Zelten aufgebaut, Matratze und Schlafsack liegen bereit. Sofort bekommt man eine Schüssel heißes Wasser, um sich Hände und Gesicht zu waschen. Das nenne ich Luxus-Wandern. Die freie Zeit wird mit Karten spielen überbrückt, danach schlafe ich zum Glück tief und fest. Am nächsten Morgen bricht man bereits um 6.00 Uhr auf. Heute steht der Höllen-Tag an - the-death-womans-pass - es gilt einige Höhenmeter zu bewältigen. Noch in Cusco habe ich mir einen zweiten Mp3-Player gekauft, da ich weiß, dass das Wandern viel leichter und motivierender mit Musik ist. Der Klassiker: Das neue Gerät war über Nacht an, sodass jetzt die Batterien alle sind. Dafür ergeben sich nette Gespräche - über die Queen und ob nun Kate oder Pippa attraktiver ist!  Und auf dem Gipfel traf ich dann noch Silvia, mit der ich auf den Galapagos-Inseln zusammen gearbeitet habe. Irre, wie klein die Welt ist. Zum Glück entpuppt sich dieser Tag für mich nicht so anstrengend als gedacht. Ich musste nicht an meine körperlichen Grenzen gehen. Die Landschaft ist unglaublich - man stiefelt durch Berglandschaften, durch Nebel- und Regenwälder. Abends liege ich stolz in meinem Schlafsack - hatte ich doch solch eine Angst vor diesem Tag. In der Nacht ist es bitter kalt und ich schlafe nicht mehr so gut wie die Nacht zuvor. Es stellt sich heraus, dass der dritte Tag mein Horror-Tag wird. Es geht sechs Stunden hauptsächlich über Geröll abwärts. Mein Körper wird müde! Ich bin so dankbar über den Full-Service, ich bin so dankbar über das hervorragende Essen und die Extraportion Schokolade. Das Motto: "Stopp nicht, wenn du müde bist, stopp, wenn du es geschafft hast." Am Abend spüre ich jeden Muskel meines Körpers. Nach wenigen Stunden Schlaf geht es am letzten Tag um 3.30 Uhr los. Die letzte Etappe ist kurz, aber nochmals anstrengend. Endlich erreichen wir das Sun Gate, doch es ist so nebelig, sodass man den Macchu Picchu überhaupt nicht sieht. Enttäuschung macht sich breit, aber man kann nicht alles im Leben haben. Weiter geht es 45 Minuten Berg ab und auf einmal verschwindet der Nebel und man steht nur noch sprachlos da und kann es nicht fassen - der Macchu Picchu ... atemberaubend und unglaublich - geschafft!!!!

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Kommentare: 1
  • #1

    Vera (Donnerstag, 18 Dezember 2014 09:47)

    Diese Bilder und wie du schreibst! Es ist der Wahnsinn! Ich bin doch glatt ein wenig neidisch hier, in dem kleinen, manchmal engen und heut graukalten Oberschwaben ... Aber vielleicht in ein paar Jahren mal, wer weiß? Ich freu mich auf weitere Berichte,

    alles Liebe